Mittwoch, 22. August 2018

Tierisches Arbeitsrecht

Das Arbeitsgericht Bonn hat am 09.08.2017 der Klage eines Ehepaars stattgegeben, das sich gegen das Verbot ihres gemeinsamen Arbeitgebers wandte, einen weiteren Schäferhund mit in die Diensträume zu bringen. Bei dem Arbeitgeber handelt es sich um das Land Nordrhein Westfalen.
Das Ehepaar arbeitet in der regionalen Forstverwaltung und bringt schon seit Jahren mit Duldung des Arbeitgebers einen Schäferhund mit zum Dienst. Nun will es sich einen weiteren Schäferhund anschaffen und auch diesen mit zum Dienst bringen. Der Arbeitgeber untersagte das und drohte arbeitsrechtliche Sanktionen für den Fall an, dass der Untersagung nicht gefolgt würde: Grundsätzlich seien nur Jagdhunde im Forstamt gestattet. Ein Schäferhund gehöre aber nicht zu den Jagd-, sondern zu den Hütehunden.
Das Ehepaar berief sich unter anderem auf Gleichbehandlung: In anderen Forstämtern des Landes gibt es nämlich Mitarbeiter, die auch Hunde mitbringen dürfen, die keine Jagdhunde sind.
Das Land argumentierte, dass jedes Forstamt selbst regeln dürfe, welche Hunde die Mitarbeiter mit zum Dienst bringen dürften. Dies falle unter das Hausrecht des jeweiligen Amtsleiters. In der hier fraglichen Dienststelle sei der mittlerweile zehn Jahre alte Schäferhund nur aus „Bestandsschutzgründen“ geduldet worden.
Dieser Argumentation ist das Arbeitsgericht Bonn nicht gefolgt und hat den Klägern Recht gegeben. „Das Gericht hat bei seiner Entscheidung maßgeblich auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz abgestellt“, teilte der Pressesprecher des Arbeitsgerichts Bonn, Dr. Sebastian Neumann, mit. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz, der verlange, Arbeitnehmer, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln, gelte landesweit. Denn Arbeitgeber sei nun mal nicht das einzelne Forstamt, sondern das Land, welches für die Forstverwaltung in seiner Gesamtheit verantwortlich sei. Eine unterschiedliche Behandlung der vergleichbaren Mitarbeiter unterschiedlicher Forstämter hätte daher sachlich begründet werden müssen. Daran habe es vorliegend gefehlt, so dass das Arbeitsgericht Bonn das erteilte Verbot als rechtswidrig einstufte.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das unterlegene Land kann dagegen beim Landesarbeitsgericht Köln Berufung einlegen.
 
 
Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 09.08.2017, – 4 Ca 181/16 –
Quelle: LAG Köln online, ArbG Bonn PM Nr. 5/2017 vom 16.08.2017

Anwalt für Köln für den 7.9.2019 um 12 Uhr gesucht

Anwalt / Anwältin am Arbeitsgericht Köln gesucht

Für ein in Vorbereitung befindliches Verfahren am Arbeitsgericht in Köln wird ein engagierter Jurist / eine engagierte Juristin zur Wahrnehmung des Gütetermins  gesucht.


Bei Interesse bitten wir um Kontaktaufnahme mit unserer Frau Kruse  unter 02383 9182775.

Tel:  02383 9182775
Fax: 03212 - 7406121
agg.unrecht@gmail.com

Dienstag, 21. August 2018

AGG 2018

Eine Autohof-Betriebsgesellschaft aus Niedersachsen sucht aktuell im Internet in verschiedenen Stellenbörsen wie auch auf der eigenen Internetseite viel Personal, unter anderem auch Köche für 3 Autobahnrasthöfe.

Ein von uns betreuter Bewerber, Koch mit Ausbilderscheinen, 58 Jahre jung, gebürtiger Tunesier, lange Jahre selbständig tätig, mit einer Behinderung von 40 %, bewarb sich an einem Freitag per Mail mit allen bewerbungstypischen Unterlagen in der Firmenzentrale bei der zuständigen Personalreferentin,  bereits am folgenden Montag vormittag erhielt er von ihr die Absage mit der Begründung, dass keine Stellen angeboten werden könnten.

Ein Test per Telefon ergab, dass alle drei Betriebsleiter der Autohöfe immer noch Köche suchten, 
eine schriftliche Testbewerbung eines deutschen Kochs wurde sofort positiv beschieden, dieser Bewerber wurde dazu aufgefordert sich kurzfristig vorzustellen.

Diskriminierung wegen des Alters und der Herkunft !
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Ein Arbeitgeber aus Dortmund suchte per Zeitungsinserat einen Koch 20 - 45 Jahre alt.

Auf telefonische Bewerbungen antwortete er, dass er grundsätzlich nur bis zu dieser Altersgrenze einstellen würde, mit älteren Arbeitnehmern hätte er nur schlechte Erfahrungen gemacht !


Diskriminierung wegen des Alters !

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Ein Hotel aus Österreich suchte einen Koch.

Die Bewerbung des von uns vertretenen Kochs wurde mit der Begründung abgelehnt, dass man nur EU Bürger beschäftigen würde.

Diskriminierung wegen der Herkunft !

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Anwalt / Anwältin am Arbeitsgericht Lingen gesucht

Für ein in Vorbereitung befindliches Verfahren am Arbeitsgericht in Lingen wird ein engagierter Jurist / eine engagierte Juristin gesucht.


Bei Interesse bitten wir um Kontaktaufnahme mit unserer Frau Kruse  unter 02383 9182775.

Tel:  02383 9182775
Fax: 03212 - 7406121
agg.unrecht@gmail.com

Lügen Arbeitgeber bewusst und mit Vorsatz ?

Lügen haben kurze Beine !

Das zeigt sich auch immer wieder in den Verfahren, in denen Arbeitgeber versuchen die Bewerber mit einfachen Lügen abzuwimmeln.

Mit einem oder mehreren Tests, telefonisch wie schriftlich, lässt sich aber immer schnell feststellen, ob die vom Arbeitgeber mitgeteilte Absage korrekt ist.

Mehr dazu unter

www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Expertisen/Expertise_Anwendbarkeit_Testingverfahren_20110704.pdf?__blob=publicationFile

Weitere Links

http://agg-unrecht.blogspot.com/p/testing.html

Sonntag, 19. August 2018

Seminar: „Minderleister“ - Was bedeutet das?

 Ursachen, Indikatoren und Handlungsmöglichkeiten für BR, PR, MAV und SBV vom: 05.11.-09.11.2018

im Bernrieder Hof 94505 Bernried bei Deggendorf Bogener Str. 9

Inhalt: „Minderleister“ oder „Low Performer“ werden sie genannt! Der Begriff selbst hat schon eine fragwürdige und etwas abwertende Komponente. Für Arbeitnehmer ist hiermit die unangenehme Tatsache verbunden, dass Leistung immer mehr bemessen und beurteilt wird. Dies führt im Zweifel dazu, dass eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird, da die gewünschte Leistung durch den zunehmenden Druck immer weniger erbracht werden kann. Leistungsminderungen können unterschiedlichste Ursachen haben, denen im Seminar nachgegangen werden soll. Die mit der Problemstellung verbundenen arbeitsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen sollen geklärt werden. Hierdurch sollen die Teilnehmer einschätzen können, welche Handlungsmöglichkeiten es für BR, PR, MAV und SBV und betroffene Arbeitnehmer gibt.

 Ursachen für Leistungsminderung (z.B. Überforderung, Krankheit, fehlende Leistungsbereitschaft, u.a.)
 Indikatoren für Leistungsmängel
 Leistungsbemessung  Einstellungs- Mitarbeitergespräche
 Einstellungstests
 Betriebliche Fortbildung
 Arbeitsrechtliche Sanktionen: Abmahnung, Kündigung, Versetzung, Herabgruppierung
 Aufhebungsverträge
 Mitwirkungsrechte betrieblicher Interessenvertretungen
 Arbeitsgerichtliche Streitereien
 Ggf. Besuch bei einem Arbeitsgericht

Organisation:

Beginn: Montag: 16:30 Uhr Ende: Freitag: 12:00 Uhr
Seminarkosten: 995 € (plus MwSt)
Unterkunft und Verpflegung (Mo-Fr): 448 € (incl. MwSt)

Unterkunft und Verpflegung ist direkt mit dem Hotel abzurechnen.
Wir bitten um baldige Anmeldung. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Die Berücksichtigung der Anmeldungen erfolgt in der Reihenfolge des Eingangs. Die Kosten für die Teilnahme am Seminar hat der Arbeitgeber gemäß der entsprechenden Freistellungsregelung zu tragen.
Die An- und Abreise ist individuell zu gestalten. Sie richtet sich nach der betrieblichen Reisekostenregelung und ist ebenfalls vom Arbeitgeber zu bezahlen. Wir weisen darauf hin, dass die Freistellung nach den einschlägigen Gesetzen (durch Beschluss) geregelt und die Kostenübernahme für das Seminar und das Hotel durch den Arbeitgeber vor der Anmeldung gewährleistet sein muss. Bitte ggf. die Kostenübernahmeerklärungen verwenden.

Rechtliche Grundlagen:

BetrVG § 37 (6) i.V. mit § 40 SGB IX
 § 179 (4+8) BPersVG § 46.6 oder Länder- bzw. Kirchengesetze

Kontakt:

https://www.komsem.de/wp-content/uploads/2018/06/Aus_Minder_2018_11.pdf

Donnerstag, 16. August 2018

Anwalt am Arbeitsgericht Cottbus gesucht

Für mehrere in Vorbereitung befindliche Verfahren am Arbeitsgericht in Cottbus wird ein engagierter Jurist / eine engagierte Juristin gesucht.

Bei Interesse bitten wir um Kontaktaufnahme mit unserer Frau Kruse  unter 02383 9182775.

Tel:  02383 9182775
Fax: 03212 - 7406121
agg.unrecht@gmail.com



Dienstag, 14. August 2018

Die Einstellung einer Stelle in die Online-Jobbörse der BA genügt den Anforderungen des § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nicht

LAG-BERLIN-BRANDENBURG – BESCHLUSS, 26 TABV 1164/13 VOM 12.12.2013

1. Die Einstellung einer Stelle in die Online-Jobbörse der BA genügt den Anforderungen des § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nicht, solange damit nicht zugleich ein betreuter Vermittlungsauftrag auf den Weg gebracht wird.

2. Arbeitgeber können entweder ihre konkrete Betreuungsperson bei der BA anrufen oder schriftlich informieren oder das Online-Portal nutzen. Eine mündliche Information wird dabei im Zusammenhang mit der Übersendung der Stellenbeschreibung und des Stellenprofils stehen, da eine sinnvolle Suche durch die BA ohne Kenntnis der konkreten Anforderungen an die Stelle regelmäßig nicht möglich ist. Nicht ausreichend sind nur pauschale Angaben am Telefon (zu den Anforderungen an eine Kontaktaufnahme vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz 10. September 2010 - 6 TaBV 10/10 - BB 2011, 704; Düwell in Dau/Düwell/Joussen § 81 SGB IX Rn. 139).

3. Im Fall der Online-Suche muss sich die Arbeitgeberin so verhalten, dass überhaupt ein Vermittlungsauftrag ausgelöst wird. Wird eine Stelle nur in die Online-Jobbörse eingestellt, ohne dass zugleich ein Vermittlungsauftrag ausgelöst wird, führt dieses Vorgehen nach den Auskünften der durch die Kammer angehörten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BA sowie einer eingeholten Stellungnahme der BA nicht dazu, dass ein Vermittlungsvorschlag seitens der Arbeitgeberbetreuer der BA erstellt bzw. veranlasst wird. Ein strukturiertes Vorgehen ist damit nicht verbunden. Nur die durch die BA besonders zur Verfügung gestellten Wege zur Einhaltung der Anforderungen des § 81 Abs. 1 SGB IX führen zu einer strukturierten Suche nach für die Stelle in Betracht kommenden schwerbehinderten Menschen.

„Selbst Stellenbewerber mit nahezu perfekten Referenzen werden in Deutschland bei der Jobsuche deutlich benachteiligt, wenn der Arbeitgeber türkische Herkunft vermutet.“

Werden hochqualifizierte Personen mit Migrationshintergrund in der Jobbranche benachteiligt?



In einem Artikel der Zeitschrift „der Spiegel“ wurde eine Forschung zur Bewerber-Diskriminierung durchgeführt. Leo Kaas, Christian Manger und ihre Mitarbeiter, die Arbeitsmarktforscher an der Universität Konstanz, stellten Firmen per Online-Bewerbungen gut qualifizierte fiktive Studenten mit türkischem und deutschem Namen vor. Alle haben jeweils einen deutschen Pass, sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Der einzige Unterschied besteht an den Namen. Das Experiment sollte die Relevanz vom ethnischen Hintergrund für die Arbeitgeber herausstellen. Die Untersuchung stellte das folgende Ergebnis dar: „Selbst Stellenbewerber mit nahezu perfekten Referenzen werden in Deutschland bei der Jobsuche deutlich benachteiligt, wenn der Arbeitgeber türkische Herkunft vermutet.“1 Die Studie zeigt eine eindeutige Diskriminierung der Stellenbewerber wegen nicht- deutsch klingendem Namen.
Die Arbeitgeber wissen die Qualifikationen und die Vorteile der Migranten nicht zu schätzen, obwohl sie in diesem Zusammenhang objektiv vorgehen sollten. Die Herkunft, das Aussehen oder die Religion sollte die Arbeitgeber nicht negativ beeinflussen. Bei einem Bewerbungsverfahren haben ausschließlich die akademischen Abschlüsse und der Durchschnitt einen besonderen Wert. Wie sich aber bei der Studie herausstellte, erhielten die türkischen Bewerber die meisten Absagen und im Extremfall bekamen sie sogar keine Antwort „28 Unternehmen gaben den Bewerbern mit deutschem Namen eine positive Rückmeldung, während sie dem vermeintlich türkischen Interessenten nicht einmal Absagten“. Erstaunlicherweise stellte man mehr Diskriminierung bei kleinen Firmen als bei großen Unternehmen fest. Die Ursache könnte an dem Leistungsinteresse der großen Unternehmen liegen. Sie halten wahrscheinlich mehr von den Qualifikationen der einzelnen Personen als von dem Aussehen oder ethnischem Hintergrund. Auch laufen an großen Unternehmen die Arbeiten unpersönlich ab.
Im Gegensatz dazu werden bei kleinen Unternehmen möglicherweise wegen den engeren Beziehungen unter den Mitarbeitern auf die persönlichen bzw. privaten Angaben der Bewerber geachtet.
Interessant wird es an dem Punkt, wenn die Doppelmoral zum Vorschein kommt. Die türkischen Bewerber haben zwar den gleichen Abschluss und dieselbe Qualifikation, aber nicht die gleichen Chancen. „Einen krassen Einzelfall berichtet Kaas von einer kleinen Firma: Sie sagte dem Bewerber mit dem türkischen Namen ab, mit der Begründung, die Stelle sei vergeben. »Am nächsten Tag erhielt der Student mit dem deutschen Namen eine Einladung zum Bewerbungsgespräch«.“
Ergebnisse dieser Untersuchung zeigten 14 Prozent weniger Antworten auf türkische Bewerber. „In kleineren Unternehmen war die Chance auf ein Vorstellungsgespräch sogar um 24 Prozent geringer.“
Eine weitere Studie der OECD, bei der die Integration der Einwandererkinder in 16 Ländern untersucht wurde, belegt die schlechten Jobchancen von hochqualifizierten Migranten. Die Differenz zwischen den 20- bis 29- jährigen hochqualifizierten Männern ohne und mit Migrationshintergrund ist 9 Prozent. 90 Prozent der hochqualifizierten Einheimischen in Deutschland haben einen Job. Die Zahl beträgt bei den hochqualifizierten Männern mit Migrationshintergrund 81 Prozent. Demnach stelle Deutschland im Gegensatz zu der Schweiz schlechtere Chancen bei gleichem Bildungsstand dar, obwohl höhere Chancen für hochqualifizierte Migranten ein wichtiger Indikator für den Integrationserfolg sei.

Die Konsequenzen

Die Folgen von schlechten Beschäftigungschancen der hochqualifizierten Migranten sind für die deutsche Wirtschaft immens.
Aufgrund dieser Tatsache verlassen viele ausländische Akademiker Deutschland und wandern aus. Für viele Migranten ist die erste Adresse ihr Heimatland oder das Heimatland ihrer Eltern. Bezogen auf die größte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland, nämlich die Türken, ist das Ziel die Türkei. Hochqualifizierte Personen mit Migrationshintergrund erhalten deutlich mehr Absagen, als ihre gleichqualifizierten einheimischen Mitbürger. Dieser Grund ist der Auslöser für die Auswanderung. Die meisten hoffen dort auf einen besseren Arbeitsplatz. Eine OECD- Studie ergab, Akademiker mit Migrationshintergrund seien in Deutschland „fast dreimal so häufig Arbeitslos wie Akademiker ohne Migrationshintergrund (12,5 zu 4,4 Prozent).“
Des Weiteren sind ausländische Abschlüsse in der Türkei sehr angesagt, was den Akademikern aus Deutschland dort hohe Beschäftigungschancen verspricht. Denn diese Personen sind meistens zweisprachig aufgewachsen und stellen für die Unternehmen in der Türkei einen großen Vorteil dar. Die Auswanderung dieser Personen hat jedoch schlechte Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft.


Verstoss der öffentliche Arbeitgeber gegen seine Verpflichtungen gegenüber schwerbehinderten Stellenbewerbern gem. §§ 81, 82 SGB IX,

LAG-HAMM – URTEIL, 8 SA 1213/05 VOM 17.11.2005

1. Verstößt der öffentliche Arbeitgeber gegen seine Verpflichtungen gegenüber schwerbehinderten Stellenbewerbern gem. §§ 81, 82 SGB IX, so begründet schon dieser Verfahrensverstoß die Vermutung einer ,,Benachteiligung wegen der Behinderung", welche einen Anspruch auf Diskriminierungs-Entschädigung begründen kann (im Anschluss an BAG Urteil v. 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 - NZA 2005, 870).

2. Betrifft die Stellenbewerbung den Zugang zu einem öffentlichen Amt i.S.d. Art. 33 GG (Volljurist bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts), so kann die vorstehende Vermutung mit Rücksicht auf die Grundsätze der ,,Bestenauslese'' bereits durch den Nachweis einer um mehrere Stufen besseren Examensnote des eingestellten Bewerbers entkräftet werden. Die Berücksichtigung von Notenstufen stellt unter diesen Umständen kein unzulässiges ,,Nachschieben'' von Auswahlkriterien dar, auch wenn in der Stellenausschreibung ausdrücklichen Mindestanforderungen (z.B. Prädikatsexamen) nicht genannt waren.

Bewerbungsschreiben und mitgeteilte Schwerbehinderung

BAG – URTEIL, 9 AZR 791/07 VOM 16.09.2008

Teilt ein Bewerber im Bewerbungsschreiben seine Schwerbehinderung mit, ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Bewerbungsschreiben bei seinem Eingang vollständig zur Kenntnis zu nehmen. Diese Pflicht beruht für Altfälle auf § 81 SGB IX in der bis 17. August 2006 geltenden Fassung (aF). Übersehen die für den Arbeitgeber handelnden Personen den Hinweis auf die Schwerbehinderteneigenschaft und verstößt der Arbeitgeber deshalb gegen seine Pflichten aus § 81 SGB IX aF, wird eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermutet. Die unterlassene Kenntniserlangung der in seinem Einflussbereich eingesetzten Personen wird dem Arbeitgeber als objektive Pflichtverletzung zugerechnet. Auf ein Verschulden der handelnden Personen kommt es nicht an.

Diskriminierenden Kündigung

ARBG-STUTTGART – URTEIL, 30 CA 1772/10 VOM 16.03.2011

1. Im Falle einer diskriminierenden Kündigung kann eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auch dann verlangt werden, wenn keine Kündigungsschutzklage erhoben wird. Der Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 KSchG ergreift nicht den Diskriminierungsvorwurf als solchen.

2. Die tätigkeitsneutral nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung gestellte Frage in einem Personalfragebogen ist wegen Verstoßes gegen § 81 SGB IX unzulässig.

3. In einem Personalfragebogen gestellte Fragen, die in unzulässiger Weise auf die Erlangung von Informationen über den Gesundheitszustand und das Vorliegen einer Behinderung des Bewerbers abzielen, können bei einer späteren Kündigung je nach den Umständen des Einzelfalls ein Indiz für eine Benachteiligung wegen Behinderung i. S. d. § 22 AGG darstellen.

UNERLAUBTE FRAGE IM BEWERBUNGSGESPRÄCH ZUR SCHWERBEHINDERUNG

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes kann die falsche Beantwortung einer dem Arbeitnehmer bei der Einstellung gestellten Frage zur Schwerbehinderteneigenschaft den Arbeitgeber dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Das setzt jedoch voraus, dass die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war (BAG, Urteil vom 07.07.2011 - 2 AZR 396/10).
Im vorliegenden Fall stellte ein größeres Softwareunternehmen die betroffene Arbeitnehmerin als Außendienstmitarbeiterin ein. Die Arbeitnehmerin ist schwerbehindert. Bei der Einstellung verneinte jedoch sie die Frage der Arbeitgeberin nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung. Als die Arbeitgeberin von der Schwerbehinderung erfuhr, erklärte sie die Anfechtung und die Kündigung des Arbeitsvertrages wegen Täuschung. Hiergegen wandte sich die Arbeitnehmerin mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Im Prozess erklärte die Arbeitgeberin, sie hätte die Arbeitnehmerin auch dann eingestellt, wenn diese die Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte. Durch die Lüge jedoch sei das Vertrauensverhältnis derart gestört, dass ihr eine Beschäftigung der Arbeitnehmerin nicht zumutbar sei.

Montag, 13. August 2018

Österreich: 312.000 Euro Schadensersatz wegen Diskriminierung

Österreich: 312.000 Euro Schadensersatz wegen Diskriminierung


In Österreich hat ein abgelehnter Stellenbewerber 312.000 Euro Schadensersatz erstritten, weil er unter Verletzung des Verbots der Geschlechtsdiskriminierung nicht befördert worden war. Der promovierte Jurist hatte sich auf eine Stelle als Sektionschef (Abteilungsleiter) im österreichischen Verkehrsministerium beworben. Eine Auswahlkommission bewertete ihn als den bestqualifizierten Kandidaten, 0,25% besser als die zweitplatzierte Bewerberin. Entgegen dieser Empfehlung entschied sich die damalige Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) gegen den konservativen Burschenschaftler und für die Frau.
Das österreichische Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) kennt - ähnlich dem deutschen AGG - für zu Unrecht abgelehnte Stellenbewerber sowohl einen Schadensersatz- als auch einen Entschädigungsanspruch (§ 12 Abs. 1 GlBG). Da das Gericht die Entscheidung der Ministerin für "nicht nachvollziehbar" hielt, erhielt der Kläger die Gehaltsdifferenz als Schadensersatz - für einen Zeitraum von sieben Jahren, die seit der Benachteiligung vergangen sind, insgesamt 312.000 Euro. Die Frau hätte nur bei exakt gleicher Qualifikation bevorzugt werden dürfen. Zudem wurden ihm 5.300 Euro Entschädigung für den Nichtvermögensschaden zugesprochen.
Die damalige Ministerin zeigt sich nach einen Bericht der Kronenzeitung uneinsichtig: Die Entscheidung sei aufgrund der "massiv bestehenden Unterrepräsentation von Frauen" sowie "nach dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren" erfolgt. Sie hofft, "dass durch die nun vorliegende Entscheidung nicht das Prinzip des Frauenförderungsgebotes infrage gestellt wird".
Einzelheiten zu den parteipolitischen Hintergründen und den Werdegängen der Betroffenen berichtet "Der Standard".

Sonntag, 12. August 2018

AGG im Mietrecht

"Keine Wohnung für Syrer!"


Der Fall

Eine Vermieterin stellt eine Wohnungsanzeige in ein Onlineportal ein. Daraufhin meldet sich eine syrische Familie, die sich für die Wohnung  interessiert. Als die Vermieterin bei der Wohnungsbesichtigung der Familie gegenübersteht, sagt sie, dass sie keine Syrer in der Wohnung haben möchte. Sie habe nichts gegen Ausländer, aber sie halte Syrer „generell für gefährlich“. Sie selbst wohne zwar nicht in dem Haus, sei sich jedoch sicher, dass die Familie von den anderen sieben Mietparteien im Haus sowieso nicht akzeptiert werden würde. Außerhalb dieses Hauses besitzt die Vermieterin keine weiteren Wohnungen.
Einordnung / Einschätzung
Solche und ähnliche Fälle werden derzeit immer häufiger an das Beratungsteam der Antidiskriminierungsstelle herangetragen. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen das AGG vor: Das AGGverbietet Benachteiligungen wegen der ethnischen Herkunft - vor allem im Erwerbsleben und bei bestimmten privaten Alltagsgeschäften. Dazu gehört auch die Anmietung von Wohnungen.
Das Merkmal der ethnischen Herkunft umfasst Personen, die als „fremd“ wahrgenommen werden, weil sie sich aufgrund bestimmter Unterschiede von der regionalen Mehrheit abheben und insoweit ggf. als nicht zugehörig angesehen werden. Maßgeblich ist die Wahrnehmung als andere Gruppe in Gebräuchen, Herkunft, Erscheinung, Hautfarbe, äußerem Erscheinungsbild, Sprache oder Religion. Die Vermieterin verweist auf die Staatsangehörigkeit der Familie. Jedoch benachteiligt sie hier eigentlich aufgrund der Abstammung aus Syrien. Das bedeutet, dass hier das Merkmal der ethnischen Herkunft betroffen  ist.
Das AGG lässt nur wenige Ausnahmen vom Verbot der Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft zu, die sachlich begründbar sein müssen. Der Verweis der Vermieterin auf eine angebliche Gefahrvermeidung scheidet dabei als vorurteilsbehaftete Unterstellung von vornherein aus. Auch aufgrund ihrer Angabe, dass die anderen Parteien im Haus die Familie nicht akzeptieren würden, kann keine Ausnahme vom Benachteiligungsverbot gemacht werden. Zwar ist laut §19 Abs. 3 AGG  bei der Vermietung von Wohnraum „eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse“ zulässig. Dies gilt aber allenfalls für Großvermieter wie etwa Wohnungsbaugesellschaften, die einer sozialen Stadt- und Wohnungspolitik verpflichtet sind. Mit einem Bestand von nur acht Wohnungen kann die Vermieterin bereits keinen nennenswerten Einfluss auf Siedlungsstrukturen ausüben. Zudem hat ein Gericht in Hamburg jüngst klargestellt, dass Ungleichbehandlungen auf der Grundlage des § 19 Abs. 3 AGG nur zugunsten benachteiligter Gruppen zulässig sein können (Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Urteil vom 08.03.2017, Aktenzeichen 811b C 273/15, nicht rechtskräftig). Eine Ausnahme vom Benachteiligungsverbot wäre in dieser Situation allenfalls aufgrund eines besonderen Nähe- oder Vertrauensverhältnisses nach § 19 Abs.AGG denkbar gewesen, wenn die Vermieterin selbst in dem Haus gewohnt hätte.

Möglichkeiten / Beilegung

Im vorliegenden Fall spricht man von einer „nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung“ im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Die Betroffenen können gegen diese Ungleichbehandlung vorgehen – und Ansprüche geltend machen (§ 21 AGG). So kann die Mieterin eine Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen oder auf Unterlassung klagen.  Ebenso kommt ein Anspruch auf Schadensersatz oder auch Entschädigung in Betracht. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird für einen erlittenen Vermögensschaden gewährt. Ein Anspruch auf Entschädigung erfasst die mit der Benachteiligung verbundene Persönlichkeitsverletzung. Diese Ansprüche müssen schriftlich innerhalb von zwei Monaten gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

Freitag, 10. August 2018

Die schnellste Absage in 2018

...kam von einer deutschen Nordseeinsel.

Die Bewerbung wurde Anfang August dem Hotelchef online um 16.07 zugestellt.
Er suchte junges Personal.
Beworben hatte sich ein 50 + Bewerber.
Am anderen Tag um 12.09 Uhr teilte er die Absage mit der folgenden Formulierung mit:

"Nach gründlicher Prügfung aller eingegangenen Bewerbungen müssen wir Ihnen leider absagen....

Wenn man annimmt, dass er die Bewerbung erst morgens bei Dienstantritt um 8 00 vorgefunden hat so war er mit 4.07 recht schnell.

Er wurde darauf mit dem Hinweis aufmerksam gemacht, dass hier ja wohl eine Altersdiskriminierung vorliegen würde, damit wurden gleichzeitig die Rechte nach AGG angemeldet.

Er reagierte, indem er den Bewerber jetzt doch zu einem Vorstellungstermin einlud.

Doch leider hatte dieser zwischenzeitlich bereits das zuständige Arbeitsgericht in Emden eingeschaltet, was noch für den Monat August einen Gütetermin anberaumte.

Wir werden weiter berichten.


Sonntag, 5. August 2018

BAG Pressemitteilung

Pressemitteilung Nr. 26/18


Vereinbarung eines Entgelts unterhalb des Vergütungsniveaus kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen mit kirchlichem Arbeitgeber

Ein kirchlicher Arbeitgeber kann in den durch das staatliche Arbeitsrecht gesetzten Grenzen wirksam Arbeitsverträge abschließen, welche keine oder nur eine eingeschränkte Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen vorsehen.

Die Klägerin war bei der Beklagten als Alltagsbegleiterin tätig. Die Beklagte ist eine gemeinnützige GmbH und Mitglied im Diakonischen Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V. Dessen Satzung verpflichtet die Beklagte ebenso wie kirchengesetzliche Regelungen zum Abschluss von Arbeitsverträgen, welche entweder die vom Diakonischen Dienstgeberverband Niedersachsen e.V. (DDN) geschlossenen einschlägigen Tarifverträge oder die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD) in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung bringen. Die Klägerin wurde nach Entgeltgruppe 3 AVR-DD bezahlt. Die Beklagte vereinbarte mit ihr jedoch hinsichtlich der Entgeltsteigerungen und der in den AVR-DD vorgesehenen Jahressonderzahlung eine Vergütungshöhe, welche unterhalb des Niveaus der AVR-DD blieb. Hiergegen hat sich die Klägerin gewandt. Sie verlangt die sich aus der Abweichung ergebenden Differenzbeträge. Die entgegenstehenden vertraglichen Abreden seien unwirksam.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die verletzten kirchengesetzlichen Regelungen binden den kirchlichen Arbeitgeber nur im kirchlichen Rechtskreis. Er muss bei einer Nichtbeachtung kirchenrechtliche Konsequenzen befürchten und mit einer Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung rechnen. Die Missachtung kirchengesetzlicher Vorgaben bzgl. der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen berührt aber per se nicht die Wirksamkeit einer anderslautenden vertraglichen Vereinbarung. Die einschlägigen Satzungsbestimmungen des Diakonischen Werks evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V. entfalten keine drittschützende Wirkung, welche die Klägerin in Anspruch nehmen könnte. Der Beklagten ist es auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf den Inhalt des Arbeitsvertrags zu berufen.


Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil vom 27. April 2017 - 7 Sa 944/16 -