Dienstag, 11. September 2018

Kündigung eines Chefarztes wegen Wiederheirat könnte verbotene Diskriminierung sein Dieses Urteil könnte Folgen für Tausende Beschäftigte haben

Ein katholisches Krankenhaus hatte einem Chefarzt gekündigt, weil er nach einer Scheidung erneut geheiratet hatte. Ein EuGH-Urteil stellt den arbeitsrechtlichen Sonderweg der Kirchen in Frage.

Die Kündigung eines Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen Wiederheirat nach einer Scheidung könne eine „verbotene Diskriminierung“ darstellen, so die Richter in einem heute in Luxemburg veröffentlichten Urteil (Rechtssache C-68/17).


Luxemburg/DüsseldorfDie Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen einer Wiederheirat kann eine verbotene Diskriminierung aufgrund der Religion darstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag entschieden.
„Die Anforderung an einen katholischen Chefarzt, den heiligen und unauflöslichen Charakter der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche zu beachten, erscheint nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung“, erklärte der EuGH.
Der Chefarzt des katholischen St. Vinzenz-Krankenhauses in Düsseldorf hatte nach der Scheidung von seiner ersten Frau erneut standesamtlich geheiratet. Weil die erste Ehe nicht annulliert wurde, ist die zweite nach Kirchenrecht ungültig. Die Klinik kündigte ihm mit der Begründung, er habe damit gegen Loyalitätspflichten laut Arbeitsvertrag verstoßen. Das Lebenszeugnis leitender Mitarbeiter müsse der katholischen Glaubens- und Sittenlehre entsprechen.
Ein hoher EU-Gutachter hatte dieser Sichtweise im Mai widersprochen. Der Gutachter würdigte aber auch die besondere Stellung der Kirche nach deutschem Verfassungsrecht. Letztlich geht aus seiner Sicht das EU-Diskriminierungsverbot in Zivilstreitigkeiten aber vor: Findet das in Deutschland zuständige Bundesarbeitsgericht keine Möglichkeit, das deutsche Recht im Einklang mit der EU-Richtlinie auszulegen, müsse es „erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Vorschrift unangewendet“ lassen.

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